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Amon

In der Nacht wecken mich immer wieder leichte Wehen. Beim Spaziergang am frühen Nachmittag freue ich mich über jede jetzt stärkere Wehe und denke an Michaelas Worte aus dem Schwangerenyoga: die Kraft begrüßen, sie bringt mich näher zu meinem Kind. Ich entspanne noch einmal auf dem Sessel und trinke Himbeerblättertee, mache noch ein Heublumendampfbad und eine Dammmassage. Danach, gegen 17 Uhr, sind die Wehen so stark, dass ich mit Maike bespreche, loszufahren. Die Arme war gerade heimgefahren und kurz vor der Haustür, bleibt aber freundlich wie immer und dreht direkt um.

Maike begrüßt uns herzlich und ruhig um 17:50 Uhr im Geburtshaus. Wir beziehen das große, gedämpft beleuchtete Geburtszimmer, dann wandern wir  im Storchengang durch den Kursraum. Die intensiven Wehen veratme ich vornüber gegen meinen Mann gelehnt und töne, wie beim Yoga, dazu den Rücken rund und die Knie auseinander, wie geübt. Mein Mann hält mich, leitet mich an. Bald wechsle ich in die Wanne. Die Wehen kommen mächtig und in schneller Abfolge. Kerzen brennen; ich genieße das warme Wasser. Mein Mann krault mir ausdauernd den Kopf und so kann ich mich in den Wehenpausen entspannen.
Maike strahlt große Ruhe aus, sagt wenig und lässt uns machen, aber alles was sie sagt, ist Gold wert. Sie überprüft immer wieder die Herztöne unseres Babys. Können das schon Presswehen sein? Ja. Maike ruft Julia an, die zweite Hebamme - die erst zum Ende der Geburt kommt, wie ich weiß. Das gibt mir neue Kräfte. Die Pausen sind kurz. Auf Maikes Vorschlag hin ertaste ich selbst in mir das Köpfchen. Noch ein Energieschub.
Mein Bauch presst automatisch, der Druck ist enorm. Wir tönen zu dritt. Die Wehen haben mich voll im Griff, ich bin nur noch darauf konzentriert, mich dem Druck zu öffnen. Die Fruchtblase platzt endlich, aber der Druck lässt nicht nach - das heißt, das Köpfchen komme direkt dahinter, erklärt Maike. Sie ermuntert mich, noch einmal auf die Knie zu gehen, da ich unter der Wucht der Wehen fast waagerecht in die Wanne gerutscht bin, aber ich schaffe es nicht, mich zu bewegen. Mein Mann bringt mich in die kniende Haltung. Ich hänge mich in das Seil und gebe mich den Wehen hin, presse mit. Am Rande nehme ich wahr, dass Julia dazu kommt, die Wehen nehmen mich ganz in Anspruch. Maike spricht mir Mut zu, “es ist genug Platz da“! So simpel, so entscheidend zu hören. Mein Mann coacht mich weiter, feuert mich an. Beide sind so zuversichtlich. Als der Druck unerträglich wird, lässt er nach. Das war das Köpfchen! Mit einer letzten Anstrengung gebäre ich den Körper meines Kindes in einer letzten Wehe.
Ich hebe selbst mein Baby aus dem Wasser und halte es an der Brust, nur vier Stunden nach der Ankunft im Geburtshaus. Von Maike und Julia gestützt trage ich es zum Bett, wo wir erst einmal zu dritt sein dürfen, bevor mein Mann unseren Sohn abnabelt und ich die Plazenta gebäre. Sehr respektvoll, einfühlsam und vorsichtig untersucht mich Maike. Wunderbarerweise habe ich bis auf eine Kleinigkeit, die drei Tage später schon verheilt sein wird, keine Verletzungen. Vier Stunden später sitzen wir mit unserem kleinen Amon im Auto nach Hause, wo wir seither ein kuscheliges, ruhiges Wochenbett verbringen, unter Birgits fachkundiger Begleitung.
Die Geburt war eine Grenzerfahrung, aber ich war von meiner Fähigkeit, sie zu bewältigen, überzeugt. Diese Philosophie des Geburtshauses habe ich verinnerlicht. Mein Mann war mir die wichtigste Stütze, aber Maike hat mir die Sicherheit, Ruhe und Zuversicht der erfahrenen Geburtsbegleitung vermittelt, die ich brauchte. Intuitiv hat sie gespürt, wenn mein Vertrauen in mich selbst gewackelt hat und es wieder gestärkt. Ich habe mich zu jedem Zeitpunkt sicher aufgehoben und bestens betreut gefühlt und bin den wunderbaren Hebammen des Geburtshauses sehr dankbar. Die Rundum-Betreuung mit Vorsorgen, Babypflege-Kurs mit Birgit, Yoga mit Michaela, Vorbereitungskurs mit Maria, hilfreichen Info-Zetteln und dann der eigentlichen Geburt mit Maike und Julia war die beste, die ich mir vorstellen kann. Einzig die vorbereitende Akupunktur habe ich beim Arzt machen lassen, da sie zwischenzeitlich im Geburtshaus nicht möglich war. Im Geburtshaus durfte ich die Geburt meines Sohnes selbstbestimmt, natürlich und schön erleben.

Tausend Dank! Die Welt ist ein schönerer Ort mit Euch.